08_Schreibzeug,_1688

Fayencen

Deutschlands erste Fayence-Manufaktur (1661-1806)

Zwei Niederländer, Daniel Behagel und Jacobus van der Walle, richteten im Jahr 1661 ein Gesuch an den Schultheiß und den Bürgermeister der Neustadt Hanau, "eine Newe und diesser Landen bieshero ohnbekannte Porcelain-Backery ahnzurichten". Die Kaufleute fanden die Gunst von Graf Friedrich-Casimir von Hanau-Lichtenberg und erhielten das Privileg. In der Römerstraße 15 / Ecke Glockenstraße im Haus "Zur Stadt Antwerpen", das Francois de le Boe 1602 erbaut hatte, wurde vor 350 Jahren die erste Fayence-Manufaktur auf deutschem Boden eingerichtet (Fayence leitet sich vom italienischen Faenza in Umbrien ab, wo die weißgrundigen Waren schon lange hergestellt wurden).

1675 beschäftigte der Hanauer Betrieb bereits 30 Arbeiter, die Bütezeit bestand von 1680 bis 1720. Man stellte edelste Schreibzeuge und Geschirre her: Fächerplatten, Birn- und Enghalskrüge oder Deckelvasen mit dem berühmten "Hanauer Vögelesdekor". Die Manufakturbesitzer nach Behagel und van der Walle: Johannes Bally (1681), Anna Bally (1689), Daniel Behagel und Johanna van der Walle (Witwe von Jacobus van der Walle, 1693), Simons von Alphen (Neffe der Johanna van der Walle 1726), Hieronymus von Alphen und seine Töchter (um 1750), Daniel Toussaint (um 1780).

Durch Konkurrenzdruck weiterer entstehender Manufakturen im Umkreis (Offenbach 1739, Höchst 1746, Kelsterbach 1756, Flörsheim 1765, Fulda 1741), aber auch eine verfehlte Marktpolitik (völlig überholte Produktpalette Ende des 18. Jahrhunderts), musste der Betrieb 1806 unter Jakob Achilles Leisler geschlossen werden.

Hanauer Fayencen erzielen ob ihrer Qualität heute Höchstpreise auf Auktionen. Es finden sich exclusive Stücke in der Sammlung des Hanauer Geschichtsvereins. Sie sind im Historischen Museum Hanau Schloss Philippsruhe, im ehemaligen Speisesaal, erstes Obergeschoss, ausgestellt.