Vereinsbibliothek

Das Bibliotheks- und Archivwesen des Hanauer Geschichtsvereins

von Felix Lauer

Die in drei Sammlungen - Bibliothek, Tausch-Literatur und Archiv - geteilten Bestände an Geschriebenem und Gedrucktem entwickelten sich von den ersten Jahren der Vereinsgeschichte an. Ununterbrochen gingen der Bibliothek und dem Archiv Schenkungen von Mitgliedern und Außenstehenden zu. Darunter fanden sich unterschiedlich wichtig und wertvoll erscheinende Drucksachen und Handschriften, die alle als Zeitzeugnisse, Dokumente oder Denkmäler archiviert bzw. in die Bibliothek aufgenommen wurden. Auf diesem Wege kamen zahlreiche hochwichtige und wertvolle Stücke hinzu, die teilweise zufällig gefunden oder zum Kauf angeboten worden waren. Andere erhielt der Verein als Vermächtnisse und nicht selten im Zusammenhang mehr oder weniger umfangreicher Sammlungen. Hinzu kamen gezielte Erwerbungen, vor allem Neuerscheinungen wissenschaftlicher oder historischer Werke auf dem antiquarischen Buchmarkt.

So hatte sich im Verlauf des ersten Jahrhunderts der Vereinsgeschichte ein sehr umfangreicher und wertvoller Bestand in der Bibliothek, aber auch im Archiv angesammelt. Daneben bestand die nur durch den Schriftenaustausch gewachsene Bücherei. Dieser Reichtum wurde unmittelbar nach der Vollendung des hundertsten Vereinsjahres zum größten Teil durch Kriegseinwirkung zerstört. Die Schriftentauschbestände gingen vollständig verloren. Der Katalog der alten Bestände verbrannte ebenfalls. Obwohl in den Sitzungsprotokollen der ersten Nachkriegsjahre mehrfach vermerkt ist, man habe neben der schweren Arbeit der Neuerfassung aller Sammlungsbestände die Katalogisierung der Restbestände der Bibliothek und des Archivs fortgesetzt, erzielte man eine vollständige Erfassung nicht.

Trotzdem ging das Sammeln weiter, die Zuwendungen fanden weiterhin statt, die Neuerwerbungen geschahen, soweit es die Mittel erlaubten. Dabei war man im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten bemüht, Verluste an alter und bibliophiler Literatur durch Ankauf antiquarischer Angebote nach und nach auszugleichen. Auf diese Weise ist wieder ein beachtlicher Bestand an Büchern aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert entstanden, in dem "Hanauer Drucke" einen breiten Raum einnehmen.

Bevor die Erfassung zu einem Ende gebracht werden konnte, ergab sich die durch Dr. Karl Dielmann am Ende der fünfziger Jahre eingeleitete Neuregelung, welche die Vereinsbibliothek und die historische Abteilung der Stadtbibliothek (Hanau-Hessen) sowie Vereins- und Stadtarchiv vereinigte.

Die Arbeitsgruppe Vor- und Frühgeschichte (heute: AG Archäologische Denkmalpflege) unterhält eine Präsenzbiblithek in ihren Räumen in Philippsruhe. Sie besteht aus einer Periodica-Sammlung von ca. 3.400 Bänden und einer Bücherei mit Monographien im Umfang von etwa 2.300 Bänden. An der Finanzierung dieser beiden Bestände ist seit einigen Jahren auch das Historische Museum beteiligt, da beide Institutionen diese Bibliothek gemeinsam nutzen und mit der Kooperation überflüssige Doppeleinkäufe vermeiden.

Eine Gesamterfassung dieser Bücherei und der in die städtischen Einrichtungen integrierten Vereinsbestände gestaltet sich bei der dafür erforderlichen Arbeit schwierig. Die Bestände des Archivs wurden während des Krieges zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlicher Form verpackt. Unter den ersten in der Bezirkssparkasse Lauterbach sichergestellten Teilen befanden sich die gesamte Ziegler´'sche Chronik und die anderen wertvollen Chroniken sowie Bernhards Dienerbuch zusammen mit den wichtigsten Teilen der Grimm-Bücherei. Weitere Teile des Archivs wurden im Bismarckturm (Wilhelmsbad) untergebracht, wo durch mehrfachen Einbruch Verluste entstanden. Die umfangreichen übrigen Bestände verbrannten am 6. Januar 1945 im Stadtschloss mit einem großen Teil der Bibliothek. Auch die Fortsetzungswerke der Ziegler´schen Chronik, vor allem die umfangreiche Chronik des Ausschussmitgliedes Heinrich Stübing über den Zeitraum 1916 bis 1939 wurden ein Raub der Flammen.

Heute sind die Ziegler´'sche und zwölf weitere Chroniken, etwa 100 Aktenbände und -mappen zu den Bereichen Rechnungswesen der Stadt Hanau und umliegender Ortschaften sowie herrschaftlicher Kanzleien - Gerichtswesen - Zünfte und Bürgergarde (aus dem Zeitraum 16. bis 19. Jahrhundert), dazu 25 Akten des 6. Ulanenregiments (1812-1914) verfügbar. Im Zuge des Schriftenaustausches und ähnlicher Kontakte mit in- und ausländischen Vereinen oder Instituten verschiedener Art hat sich in den 50 Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg eine Bücherei mit dem Umfang von etwa 2.700 Bänden gebildet, die zum größten Teil aus lückenlosen Folgen, aber auch aus Teilfolgen oder Einzelexemplaren von insgesamt rund 400 Periodica und Publikationsreihen besteht.

 

Der HGV in der neuen Bibliothek auf dem Freiheitsplatz

von Martin Hoppe

Der Hanauer Geschichtsverein 1844 e.V. hat es sich seit seiner Gründung zur Aufgabe gemacht, die Geschichte von Stadt und Grafschaft Hanau zu dokumentieren, zu erforschen und zu präsentieren.

Neben den reichhaltigen Sammlungen im Historischen Museum Hanau Schloss Philippsruhe werden papierne Zeugnisse der Vergangenheit im Stadtarchiv Hanau, Fotoaufnahmen im  Medienzentrum aufbewahrt. Eigene wie gesammelte Veröffentlichungen über die hanauische und hessische Geschichte stehen der Öffentlichkeit über die landeskundliche Abteilung Hanau-Hessen der Stadtbibliothek zur Verfügung.

Darüber hinaus unterhält der HGV einen Schriftentausch mit zirka 150 Geschichtsvereinen, Universitäten, Städten, Museen und Denkmalschutzbehörden aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch Frankreich, Schweiz, Luxemburg und den USA. Der Verein sendet an diese Institutionen seine Veröffentlichungen (Hanauer Geschichtsblätter, Neues Magazin für Hanauische Geschichte und Sondereditionen) und erhält als Gegenleistung die Publikationen des Partners. So ist über die Jahre eine sehr umfangreiche und einzigartige Bibliothek entstanden, die wissenschaftliche Werke der Kultur-, Kunst- und Alltagsgeschichte von der Vor- und Früh-, bis zur Zeitgeschichte, aber auch "graue Literatur" (Broschüren, Berichte, Kataloge, Vereinsmitteilungen außerhalb des Buchhandels) überwiegend nach 1945 umfasst. Derzeit sind dies rd. 5.000 Medien, mit dem Bestand Archäologie im Schloss Philippsruhe knapp 20.000 Fachbücher, die in den großen Universitäts- oder Landesbibliotheken meist fehlen - eine wahre Fundgrube an Material für Schüler, Lehrer, Studenten, Wissenschaftler, Heimatforscher, Geschichtsvereinsmitglieder oder Journalisten, die sich geschichtlichen Themen widmen wollen.

Beim Schriftentausch handelt es sich um eine Präsenzbibliothek, d. h. Bücher sind grundsätzlich nicht ausleihbar. Publikationen werden nach Bestellung via E-Mail im Lesesaal der Bibliothek bereitgestellt. Einzelabsprachen auf Ausleihe sind aber möglich. Mitglieder des Geschichtsvereins geben nach Terminvereinbarung gerne Hilfestellung bei wissenschaftlichen Arbeiten.

Die Bestände des HGV sind somit integraler Bestandteil des Portals Stadtgeschichte der neuen Bibliothek. Zusammen mit den Partnern Stadtarchiv, Medienzentrum, landeskundliche Abteilung Hanau-Hessen und Wetterauische Gesellschaft wird sich der Hanauer Geschichtsverein am Programm "Kultur im Forum Hanau" mit Vorträgen, Symposien, kleineren Ausstellungen und Projekttagen weiter beteiligen.

Die in den Beständen dokumentierte reichhaltige Stadtgeschichte Hanaus kann somit kommunikativ erlebbarer gemacht werden. Auch im Sinne eines lebenslangen Lernens versteht sich der HGV als Dienstleister in der Wissensgesellschaft. Ein Wissen über die abwechslungsreiche  Stadt- und Regionalgeschichte Hanaus ist gelebte Demokratie vor Ort.

Die Bestände des Hanauer Geschichtsvereins sollen ab 2020 wieder online abrufbar sein unter Stadtbibliothek Hanau.